Archiv für den Monat: April 2022

AKTUELL 25.4.2022: Das steht im neuen Gesetzentwurf

Wer auf bestehende Missstände in seinem Unternehmen oder in seiner Behörde hinweist, soll künftig besser geschützt werden. Das ist das Ziel eines ca. 100-seitigen Gesetzentwurfs, den Bundesjustizminister Marco Buschmann an die anderen Ministerien, die Bundesländer und die beteiligten Verbände geschickt hat.

Der Gesetzentwurf soll den Whistleblowern und ihren Hinweisen auf Missstände geregelte Bahnen bieten. Dabei steht ein Digitales Meldesystem im Zentrum. Alle Unternehmen und öffentliche Stellen mit mehr als 50 Mitarbeitenden müssen ein internes Meldesystem einrichten. Die Unternehmen mit maximal 249 Beschäftigten haben dafür Zeit bis zum 17. Dezember 2023, die Unternehmen mit mehr als 249 Mitarbeitern sollten sofort handeln.

Für die Einrichtung der Meldestellen, rechnet das Ministerium laut Entwurf mit einmaligen Kosten für die Wirtschaft in Höhe von 190 Millionen EUR. Der laufende Aufwand wird auf rund 200 Millionen EUR pro Jahr geschätzt. Für die Verwaltungen werden Kosten von einmalig ca. 70 Millionen EUR erwartet. Die laufenden Kosten werden mit jährlich ca. 220 Millionen EUR veranschlagt.

AKTUELL 19.4.2022: Konzernprivileg und zentrale Hinweisgebersysteme

Bei großen, grenzüberschreitend tätigen Konzernunternehmen, deren Mitarbeiter in aller Regel Meldungen an ein zentrales Hinweisgebersystem bei der Muttergesellschaft abgeben können, greift der Rückgriff auf das System der Muttergesellschaft zukünftig nicht mehr.

Die EU-Kommission hat in Stellungnahmen vom 02.06., 29.06. und 16.07.2021 klargestellt: Unternehmen dürfen die Entgegennahme von Meldungen auf externe Dritte auslagern. Allerdings stellen die Konzernmutter oder eine andere Konzerngesellschaft keine externe Dritte dar. Unternehmen ab 250 Mitarbeiten müssen also ihr eigenes Digitales Hinweisgebersystem etablieren.

AKTUELL 11.4.2022: Es geht auch so! Eine Fall-Studie.

Die Infraserv Höchst betreibt den 460 Hektar großen Industrieparks Höchst und setzt bereits seit 2018 ein digitales Hinweisgebersystem ein. Anfänglich war die Skepsis bei Führungskräften und Betriebsrat sehr hoch. Wie so oft war die Befürchtung – Ein anonymes Hinweisgebersystem könne eine Denunziationskultur fördern – unbegründet. Ein Compliance-Vorfall in 2017 führte zum Umdenken. Heute genießt das System eine hohe Akzeptanz bei der Geschäftsführung und der Belegschaft. Auch ohne ein deutsches Gesetz, jedenfalls bis heute, gibt es Unternehmen die voran gehen und die Chancen eines Digitalen Hinweisgebersystem erkannt haben und frühzeitig an die Umsetzung gegangen sind. Weitere Informationen.

AKTUELL 5.4.2022: Die Umsetzungsfrist wurde verpasst – was muß jetzt beachtet werden?

Unternehmen in rein privater Hand obliegt nach Ablauf der Umsetzungsfrist (17.12.2021) erst einmal kein direkter Handlungszwang, wenn sie noch kein Hinweisgebersystem etabliert haben.

Die Pläne der Ampelkoalition

Der Koalitionsvertrag der Ampel hat folgenden Wortlaut: „Wir setzen die EU-Whistleblower-Rechtlinien rechtssicher und praktikabel um. Whistleblowerinnnen und Whistleblower müssen nicht nur bei der Meldung von Verstößen gegen EU-Recht vor rechtlichen Nachteilen geschützt sein, sondern auch von erheblichen Verstößen gegen Vorschriften oder sonstigem erheblichen Fehlerverhalten, dessen Aufdecken im besonderen öffentlichen Interesse liegt.“

Sehr spannend dabei ist der Hinweis auf das „sonstige erhebliche Fehlverhalten“. Damit werden im wirtschaftsrechtlichen Sinne die Verstöße Bestechung und Betrug umschrieben. Wer also zukünftig einen derartigen Verstoß in seinem Unternehmen meldet, wird vermutlich als Hinweisgeber unter die EU-Whistleblower-Richtlinie fallen.