AKTUELL 4.7.2022: Kritik am Gesetzentwurf

Mit der Verabschiedung des Hinweisgeberschutzgesetzes soll ein umfassender Schutz für Arbeitnehmer und Beamte vor Repressalien gewährleistet werden. Zu diesen Repressalien könnten Kündigungen oder Abmahnungen gehören, die häufig als Vergeltungsmaßnahmen auftreten, sobald die betroffenen Personen auf Straftaten oder Verstöße aus ihrem beruflichen Umfeld aufmerksam machen. Die Einführung dieses neuen Gesetzes ist eine bedeutende Maßnahme, um die Integrität und Transparenz in Unternehmen und Behörden zu stärken und sicherzustellen, dass Hinweisgeber nicht aus Furcht vor negativen Konsequenzen von ihrer Pflicht absehen, Unregelmäßigkeiten zu melden. Die Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes in Deutschland hat jedoch Verzögerungen verursacht, weshalb die EU ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat. Die EU fordert eine zügige und effektive Umsetzung, um sicherzustellen, dass die Rechte und der Schutz von Hinweisgebern angemessen gewährleistet werden. Mittlerweile liegt ein zweiter Entwurf des Gesetzes vor, der von Marco Buschmann, dem verantwortlichen Minister, eingereicht wurde. Wie bereits bei der ersten Version scheiden sich auch bei diesem Text die Geister, und es gibt verschiedene Kritikpunkte, die von Interessenvertretern und Experten geäußert werden. Ein wesentlicher Kritikpunkt betrifft die sogenannte „legislative Übererfüllung“. Das bedeutet, dass das Gesetz über die Mindestanforderungen hinausgeht und möglicherweise zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand führt. Es wird befürchtet, dass dies zu einer Überlastung der Unternehmen und Behörden führen könnte. Ein weiterer strittiger Punkt ist die Frage, welche Verstöße als meldepflichtig gelten sollen. Der Entwurf sieht vor, dass sowohl Verstöße gegen EU-Recht als auch gegen nationales Recht gemeldet werden sollen. Hierbei besteht die Herausforderung, die richtige Balance zu finden, um einerseits eine umfassende Meldung relevanter Vorfälle zu gewährleisten, andererseits aber auch einen zu hohen Meldeaufwand zu vermeiden. Ein weiteres Thema betrifft die Entscheidung, ob eine Meldung intern oder extern erfolgen sollte. Die Frage der internen Meldepflicht versus externer Meldung an Behörden oder andere Stellen ist komplex und kann Auswirkungen auf die Vertraulichkeit, die Nachvollziehbarkeit und die Wirksamkeit des Hinweisgeberschutzes haben. Schließlich wird auch die Frage diskutiert, ob der Kündigungsschutz durch das Gesetz unnötig aufgewertet wird. Ein zu starker Kündigungsschutz könnte in einigen Fällen dazu führen, dass Arbeitgeber zurückhaltender werden, wenn es darum geht, Hinweisgeber zur Rechenschaft zu ziehen, selbst wenn diese tatsächlich gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen verstoßen haben. Die Debatte über den zweiten Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes zeigt, wie komplex und vielschichtig die Materie ist. Eine ausgewogene Gesetzesregelung ist entscheidend, um einen effektiven Schutz für Whistleblower zu gewährleisten und gleichzeitig die Interessen aller beteiligten Parteien angemessen zu berücksichtigen. Es bleibt abzuwarten, wie der weitere Verlauf der Gesetzgebung sein wird und inwieweit die verschiedenen Kritikpunkte in die endgültige Version des Hinweisgeberschutzgesetzes einfließen werden. Eine offene und transparente Diskussion ist dabei unerlässlich, um zu einer praxisnahen und effektiven Lösung zu gelangen, die den Schutz von Hinweisgebern nachhaltig gewährleistet.
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Julian Beer
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