RICHTLINIE (EU) 2019/1937 vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden
(Hinweisgeberschutz- oder Whistleblowing-Richtlinie)
Erwägungsgrund 39
Schutz sollte darüber hinaus auch für weitere Kategorien natürlicher Personen gelten, die zwar nicht „Arbeitnehmer“ im Sinne des Artikels 45 Absatz 1 AEUV sind, aber entscheidend zur Aufdeckung von Verstößen gegen das Unionsrecht beitragen können, und sich möglicherweise im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit in wirtschaftlicher Abhängigkeit befinden.
So sind etwa im Bereich der Produktsicherheit Lieferanten sehr viel näher an der Informationsquelle zu möglichen unlauteren und illegalen Herstellungs-, Einfuhr- oder Vertriebspraktiken in Bezug auf unsichere Produkte; und bei der Verwendung von Unionsmitteln sind Berater, die Dienstleistungen erbringen, in einer privilegierten Position, um auf Verstöße aufmerksam zu machen.
Diese Kategorien von Personen, zu denen Selbstständige, die Dienstleistungen erbringen, Freiberufler, Auftragnehmer, Unterauftragnehmer und Lieferanten zählen, erfahren häufig Repressalien, die beispielsweise in der Form zutage treten können, dass Dienstleistungsverträge, Lizenzen oder Bewilligungen vorzeitig beendet oder gekündigt werden, sie Auftrags- oder Einkommensverluste erleiden, Opfer von Nötigung, Einschüchterung oder Mobbing werden, auf „schwarze Listen“ gesetzt bzw. geschäftlich boykottiert werden oder ihr Ruf geschädigt wird.
Anteilseigner und Personen in Leitungsgremien können ebenfalls von Repressalien betroffen sein, etwa in finanzieller Hinsicht oder in Form von Einschüchterung oder Mobbing, Eintragung in „schwarze Listen“ oder Rufschädigung.
Schutz sollte auch Personen mit beendetem Arbeitsverhältnis und Bewerbern für eine Stelle oder Personen, die Dienstleistungen bei einer Organisation erbringen möchten, gewährt werden, wenn sie während des Einstellungsverfahrens oder einer anderen vorvertraglichen Verhandlungsstufe Informationen über Verstöße erhalten und Repressalien erleiden könnten, etwa in Form negativer Arbeitszeugnisse oder indem sie auf „schwarze Listen“ gesetzt bzw. geschäftlich boykottiert werden.